37. International Labour Process Conference in Wien

Ein Rückblick

Von 24. bis 26. April 2019 fand die International Labour Process Conference (ILPC) erstmals in Österreich statt. Organisiert wurde die Konferenz von der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) gemeinsam mit dem Institut für Soziologie der Universität Wien, dem Institut für Soziologie und empirische Sozialforschung der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Zentrum für Soziale Innovation (ZSI). Dank gilt insbesondere unserer Kollegin Cornelia Prentner (FORBA) für die Koordination der Gesamtorganisation der Konferenz. Nicht weniger als 350 Teilnehmer/innen mit 245 Beiträgen aus 40 Ländern (siehe hier Konferenzprogramm und Abstractband)  fanden sich zur Veranstaltung ein, viele von ihnen von außerhalb Europas, etwa aus Chile, Argentinien, Kanada, USA, Ghana, Australien, Neuseeland, China oder Indien.

Generell behandelt die Konferenzreihe seit den 1980er Jahren Entwicklungen des unmittelbaren Arbeitsprozesses in kapitalistischen Gesellschaften, Dynamiken der Arbeitsbeziehungen und Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. In diesem Jahr widmete sie sich dem Thema „Fragmentations and Solidarities“. Damit konzentrierte sie die Diskussion einerseits auf die Fragmentierung der Beschäftigung durch die zunehmende Vielfalt an Vertragsformen und durch Auslagerung von Aufgaben aus Unternehmen sowie Verlängerung von Wertschöpfungsketten. Andererseits behandelte sie neue Formen der Solidarisierung über Betriebs- und Ländergrenzen hinweg, welche angesichts dieser Entwicklungen zu beobachten sind.

Die beiden Keynote-Lectures trugen dem Generalthema ebenso Rechnung wie viele der insgesamt 245 vorgestellten Papers. Als Vortragende für die Keynotes konnten Prof. Florence Palpacuer von der Universität Montpellier in Frankreich und Prof. Virginia Doellgast von der Cornell University in den USA gewonnen werden. In ihrem Vortrag “Fragmented production and global solidarities: Activist strategies, challenges and perspectives in global value chains” befasste sich Florence Palpacuer mit globalen Wertschöpfungsketten und insbesondere mit solidarischen Aktivitäten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Globalen Süden. Virginia Doellgast fokussierte stärker auf Europa und Nordamerika und behandelte das Thema „From dualization to solidarity: Collective action and precarious work“.

Die 245 Referate wurden entlang thematischer Streams zusammengefasst. Zu den größten Streams zählte jener über „Work and employment in the global south“, in dem über die drei Konferenztage hinweg insgesamt 24 Referate gehalten wurden (Organisation: Anita Hammer, Leicester, UK). Ein weiterer Special Stream wurde von Bettina Haidinger (FORBA) und Ursula Holtgrewe (ZSI) zum Thema “Representation and resistance: trade unions, their comfort zones and the new and hybrid forms of representation” organisiert, wie auch weitere Sitzungen auf der Konferenz den Arbeitsbeziehungen gewidmet waren. Inhaltlich ebenfalls sehr nahe am Generalthema der Konferenz war der Stream über „Grey zones of work & employment in comparative perspective“ (Organisation: Christian Azaïs, Paris und Annalisa Murgia, Leeds). Großes Interesse fanden ebenfalls die vielen Beiträge, die dem Thema Digitalisierung gewidmet waren, die in verschiedenen Sitzungen der General Gonference und im Stream “Artificial Intelligence, technology and work“ vorgestellt wurden. In diesem Stream wurde ein Paper von Philip Schörpf, Annika Schönauer (beide FORBA) und Jörg Flecker (FORBA und Universtität Wien) präsentiert.

Darüber war das Team von FORBA mit Ulrike Papouschek und Hubert Eichmann im Special Stream „Solidarity in times of crises: Labour process dynamics and socio-political orientations“ vertreten. In diesem Stream wurden 20 Papers präsentiert, die sich mit Fragen zu Solidarität im Zusammenhang mit Entwicklungen in der Arbeitswelt beschäftigten. Die Beiträge umfassten Entwicklungen in unterschiedlichen Staaten (u.a. Österreich, Ungarn, Italien, Deutschland, UK) sowie verschiedene gesellschaftliche Akteur/innen (z.B. Gewerkschaften, migrantische Arbeiter/innen und atypisch Beschäftigte) und Entwicklungen (Digitalisierung, Prekarisierung, Fragmentierung etc.).

Weiteres fanden im Rahmen der ILPC 2019 drei Symposia statt, an deren Organisation Bettina Haidinger (FORBA) maßgeblich beteiligt war. Die drei Podien waren von hochkarätigen nationalen und internationalen Expert/innen besetzt und befassten sich mit folgenden Themen:
– Authoritarian states and the labour process
– Overcoming austerity in Europe
– Solidarity in the fissured workplace

Unterstützung erhielt das Wiener Organisationsteam von der Arbeiterkammer Wien und vom Dr.-Karl-Renner Institut. Das Institut für Anglistik und Amerikanistik sowie das Institut für Romanistik der Universität Wien stellten freundlicherweise ihre Seminarräume zur Verfügung, wodurch die Konferenz zur Gänze am Campus der Universität Wien abgehalten werden konnte. Dem Veranstaltungsservice der Universität gebührt Dank für die professionelle Betreuung und Unterstützung. Der Bürgermeister von Wien lud am zweiten Abend der Konferenz in den beeindruckenden Festsaal des Rathauses, wo bis nach Mitternacht zu den Klängen der Band Ost in Translation begeistert getanzt wurde.

Die Präsentationsunterlagen von Philip Schörpf zum Referat “Yesterday’s snow becomes fully effective The adoption of modern technologies in service sectors” finden Sie hier.

Die Präsentationsunterlagen von Hubert Eichmann (gemeinsam mit Martina Zandonella) zum Referat “Attitutes towards the welfare state and patterns of solidarity in Austria” finden Sie hier.

Die Präsentationsunterlagen von Carina Altreiter, Jörg Flecker und Ulrike Papouschek zum Referat “The principle of achievement as a driving force of class fragmentation” finden Sie hier.

Den aktuellen Call for Papers für die 38. ILPC Konferenz 2020 in Newcastle finden Sie hier.