FORBA-Fachgespräch 2/2020

Donnerstag, 30. Jänner 2020, 17:00 – 19:00 Uhr
FORBA, Aspernbrückengasse 4/5, 1020 Wien (Nähe Urania)

Soziale Medien haben steigende Bedeutung für demokratische Meinungsbildungsprozesse. Dies birgt Chancen und Gefahren für Demokratie und Meinungsvielfalt. Der Zugang zu Informationen ist einfach und scheinbar unerschöpflich. Gleichzeitig nehmen soziale und politische Spaltungen in Österreich und der EU stetig zu. Soziale Medien stehen im Verdacht, diese Spaltungen zu verschärfen: Social-Media-Userinnen bzw. -User nehmen die Informationen auf Facebook, Twitter, YouTube etc. als objektiv wahr, obwohl diese bereits stark gefiltert sind. Dies führt zur Entstehung sogenannter Filterblasen. Dass Menschen auf diese Weise nur noch Informationen bekommen, die ihre eigenen Ansichten stützen und sich dadurch von kontroversen Diskussionen abkapseln, wird als Gefahr für die Demokratie erachtet.

Die Handouts zum Download finden Sie hier.

Abstracts

Florian Saurwein (Institut für vergleichende Medien und Kommunikationsforschung, CMC):
Medienwandel durch Internet-Plattformen: Chancen und Risiken der „Plattformisierung“ für Öffentlichkeit und Demokratie

Internet-Plattformen wie Facebook, YouTube und Twitter haben in den vergangenen Jahren massiv an Verbreitung gewonnen. Ihre Anziehungskraft liegt v.a. in sozialen Funktionen für zwischenmenschliche Kontakte, doch auch ihre Bedeutung für politische Information, Kommunikation und Organisation steigt. Die Plattformen eröffnen dabei einerseits Möglichkeiten für mehr Transparenz, Kritik und Beteiligung an Öffentlichkeit. Der Trend zur Plattformierung führt jedoch gleichzeitig zu riskanten Entwicklungen. Dazu zählen die Fragmentierung von Öffentlichkeit durch Personalisierung der Informationsangebote, die Verbreitung von Desinformation, der Verlust an Privatsphäre durch permanente Überwachung des Nutzungsverhaltens und der Finanzierungsdruck für professionellen Journalismus. Zudem etablieren sich Internet-Plattformen als mächtige Player mit starkem Einfluss, die noch keiner adäquaten Kontrolle und Rechenschaftspflicht unterworfen sind.

 

Saskja Schindler, Veronika Wöhrer (Institut für Soziologie der Universität Wien)
Getrennte Welten? Solidaritätskonzepte und politische Orientierungen in sozialen Medien

Der Vortrag präsentiert Ergebnisse des FWF Top Citizen Science Projekts „Getrennte Welten? Solidaritätskonzepte und politische Orientierungen in sozialen Medien“ (SOPO; Projektnummer: TCS 49). In diesem Projekt wurden Vorstellungen von Solidarität untersucht, die in Diskussionen zu aktuellen politischen Ereignissen auf der Social-Media-Plattform Facebook verhandelt wurden. Um Zugang zu verschiedenen „Filterblasen“ zu bekommen, haben 9 Citizen Scientists aus unterschiedlichen sozialen und politischen Milieus Diskussionen zu aktuellen sozialpolitischen Maßnahmen mit ihren „FreundInnen“ auf Facebook geführt. Der Vortrag beleuchtet inhaltliche und formale Aspekte der Facebook-Debatten in Hinblick auf Solidaritätskonzepte und Argumentationsmuster u.a. anhand der folgenden Fragen: Welche Solidaritätskonzepte zeigen sich in den Debatten? Auf welchen Identifikationen, Interessen und Werten basieren diese Konzepte? Wie werden die Grenzen der Solidargemeinschaft gezogen und verhandelt? Wie werden die Diskussionen durch die formalen Vorgaben der Social-Media-Plattform Facebook strukturiert?

 

Die Vortragenden

Florian Saurwein ist Senior Scientist am Institut für vergleichende Medien und Kommunikationsforschung (CMC) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Er studierte Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft in Wien und Zürich und beschäftigt sich mit gesellschaftlichen, demokratiepolitischen und regulatorischen Implikationen des Medienwandels.

Saskja Schindler ist Lehrende am Institut für Soziologie der Universität Wien und hat als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den FWF-Projekten „Getrennte Welten? Solidaritätsvorstellungen und politische Orientierungen in Sozialen Medien“ (SOPO) und „Solidarität in Zeiten der Krise. Sozioökonomischer Wandel und politische Orientierungen in Österreich und Ungarn“ (SOCRIS) mitgearbeitet. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Arbeitssoziologie, Politische Soziologie und Soziale Ungleichheit.

Veronika Wöhrer ist Soziologin und derzeit als Universitätsassistentin am Institut für Soziologie der Universität Wien beschäftigt. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Gender Studies, Bildungssoziologie, partizipative Sozialforschung und postkoloniale Theorie

Diese Veranstaltung wurde freundlich unterstützt von: